Gedankensplitter und Beobachtungen aus den vergangenen 50 Jahren
 

Womit fange ich an? Am besten mit den existentiellen  Fragen des Lebens, also ganz von vorne. Und weiter vorne anzufangen als beim Urknall geht nicht. Oder doch? Hier mein persönlicher Gottesbeweis.

Ein Blick zum nächtlichen Himmel in jugendlichem Alter führt immer wieder in dieselbe Denk-Sackgasse. Was kommt außerhalb des Sonnensystems, außerhalb der Milchstraße, hinter dem All?  Wer hat die Entstehung des Alls veranlasst? Wer hat veranlasst, was ist? Wann wurde das veranlasst? Sehr schnell merkt der Adoleszent: Zeit und Raum stellen wir uns begrenzt vor.


Wahrscheinlich ist – These eins – dass der Mensch nur in Räumen, die Begrenzungen haben, denken kann. Räume ohne Begrenzung gibt es qua Definition nicht. Und weil er – These zwei – eine ursachenlose Geschehensabfolge nicht denken kann, ist auch der Anfang der Zeit begrenzt (vielleicht nicht das Ende).  

Über diese prinzipiellen jahrtausendealten Denkmauern der Menschen hilft uns nicht die Wissenschaft sondern die Gottesvorstellung hinweg. Das unerforschliche das nicht vorstellbare, das über unsere Denkgrenzen hinausgehende, das nicht erklärbare Weltengeschehen bezeichne ich als Gott. Goethe meint das, wenn er empfiehlt, das Erforschliche zu erforschen und das Unerforschliche ruhig zu verehren. 

 

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In allen Religionen findet man einen mehr oder weniger stark ausgeprägten Absolutheitsanspruch. Meist wird angenommen, dass es nur einen Gott gibt, den eigenen; dessen absolute Existenz und Wahrheit durch Verbotsvorschriften wie beispielsweise das erste Gebot bewehrt ist. Namentlich das alte Testament ist voll von Geschichten, deren Protagonisten wie Mosche den einen Gott gegen Anfeindungen verteidigen müssen und die regelmäßig mit Gottes Hilfe siegreich sind. 

Bis auf den heutigen Tag sind Islam, Judentum und Christentum - wie man so schön sagt - allein selig machend. Darin liegt ein Grund für die kriegerischen Auseinandersetzungen der Religionen in Vergangenheit und Gegenwart. Warum kann man das nicht anders und so sehen?  

Es gibt einen Gott, der aus einer unbegreiflichen räumlichen und zeitlichen Ferne, sozusagen von einer der hundert Milliarden Galaxien mit jeweils hundert Milliarden Sternen auf die Erde blickt. Alles Erdenwerk ist sein Werk. Die Menschen und ihre Religionen sind sein Werk. So ist der Gott des Islam, der Juden und der Christen derselbe und die Religionen, jedenfalls die monotheistischen sind Interpretationen eines einzigen Gottes. Das wäre ein großer Schritt aufeinander zu und ginge noch weit über Hans Küngs Weltethos hinaus.  

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Die Frage, ob der jüdische Gott und der christliche ein und derselbe sind, beschäftigt mich schon sehr lange. Papst Benedikt hat geäußert, Juden seien die älteren Brüder der Christen. Das beweist immerhin, dass auch er eine Vorstellung von Gotteskontinuität beim Übergang vom Judentum des alten Testaments zum Christentum hat. Wenn der Adonaj der Juden von den Christen und dem Islam übernommen wurde und ebenso für sich beansprucht wird wie von den Juden, ist das nur folgerichtig. Denn das jüdische Rezept – Volk Gottes, Gottesbund auf dem Sinai – ist beschränkt auf ein kleines Volk. Es gibt nur begrenzte Möglichkeiten der Konversion. Das auserwählte Volk kann prinzipiell nicht durch Übertritte erweitert werden, denn auserwählt sind diejenigen, die seinerzeit am Sinai dabei waren und ihre Nachkommen. Das steckt in Begriff und Idee des auserwählten Volkes. Will man also die guten Ideen des alten Testamentes samt der Idee des einen Gottes für andere Völker fruchtbar machen, bedurfte es eines Vermittlers – heute würde man sagen Marketingexperten -und einer neuen Interpretation der Tora - durch Jesus Christus.

 

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„Dumm sein und Arbeit haben, das ist Glück“ soll Gottfried Benn ein bekanntes Wort von Jesus Christus abgewandelt haben. 

 

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Hören wir Lichtenberg: "Was jedermann für ausgemacht hält, verdient am meisten untersucht zu werden”. Wenn die Deutschen in ihrer großen Mehrheit mal einer Meinung sind, dann sollte das nicht erst seit Lichtenberg Anlass zum Nachdenken und zur Vorsicht geben. Es könnte sich im Rückblick als falsch erweisen. Das war so mit der Kriegsbegeisterung zu Beginn des ersten Weltkrieg, als die deutschen Soldaten mit den Feldblumen der Freundinnen und Frauen im Gewehrlauf gen Westen und den Erbfeind zogen, Das war auch während der Naziherrschaft so. Es war so bei uns   Achtundsechzigern, die wir die Familie zerstört haben und enttäuschte Singles hinterließen. Der Sozialismus in der DDR wurde erstaunlich lange von einer Mehrheit für richtig befunden und getragen. Es war so beim Waldsterben und bei der Aids-Gefahr und vielen anderen Seuchen. Alles das ist inzwischen vergangen, war nicht so schlimm oder hat überhaupt nicht stattgefunden. Der Weltuntergang ist schon oft ausgefallen. Liegt der deutsche Meinungsmainstream immer falsch? 

 
Wenn man nur wüsste in welche falsche Richtung wir heute rennen. Wahrscheinlich stimmt was am Global Warming oder an der Globalisierung nicht: Oder ist am gelben Sack was faul?

 

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"Immer ist alles gefährdet." So lautete die Überschrift eines ZEIT-Artikels, der vor einigen Jahren zu lesen war und der mich seinerzeit schwer beeindruckt hat. Leider habe ich den Artikel nicht ausgeschnitten.

Gefahr, Gefahren, Gefährdung wo man hinschaut, ideed. Der Dollarkurs, der Eurokurs, der Ölpreis, der Lebensstandard, die Preise überhaupt, die Umwelt, die Löhne, die Arbeitsplätze sind gefährdet. Der Erfolg ist gefährdet, die Versetzung in der Schule, der Führerschein und natürlich die Gesundheit, der Teint, die Figur, das eigene Gewicht. Der gute Ruf, das Image, der Um- und Absatz. Und immer wieder die Gesundheit. Luft und Wasser. Das Leben auch, die Natur. Die Gesellschaft und der Staat, der Lebensstandard und das Bruttosozialprodukt. Die Liebe, die Ehe, die Freundschaft. Die Vollbeschäftigung, der Haushaltsausgleich, der Frieden ist gefährdet. Und natürlich Tiere, Pflanzen, ganze Arten sind gefährdet und bedroht. Die innere Sicherheit, die äußere Sicherheit, das Klima, die Welt, die innere und äußere Ruhe.

War das jemals anders? Nein. Das Sein und jeder Zustand in diesem ist nur in labiler Form  möglich. Es gibt keine Sicherheit, nirgends. Immer ist alles gefährdet. Wer sich das vor der Zeitungslektüre klarmacht, tut sich leichter mit den täglichen Schreckensmeldungen und wohlfeilen Untergangsszenarien dieser Tage.

 

 

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